Der Anfang vom Ende: Vor zehn Jahren flogen 18 MZ-Redakteure raus

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DJV und dju organisierten zahlreiche Protestaktionen gegen den Rausschmiss der 18 MZ-Redakteure. Foto: Werner Hinse„… müssen wir Ihnen mitteilen, dass der Verleger den Auftrag der Münsterschen Zeitung GmbH zur Produktion der Münsterschen Zeitung mit Wirkung ab 0 Uhr gekündigt hat. Ab Mitternacht übernimmt dann die Media 48 GmbH die Produktion der Münsterschen Zeitung.“ Mit diesen Worten leitete der Ex-Geschäftsführer Lutz Schumacher vor zehn Jahren, am 19. Januar 2007, einen der größten Skandale der deutschen Zeitungsgeschichte ein.

 

In einer vorher streng geheim gehaltenen Nacht- und Nebelaktion wurden 18 MZ-Redakteure zunächst freigestellt und rund ein halbes Jahr später rausgeschmissen. Damit entledigte sich Verleger Lambert Lensing-Wolff auf einen Schlag sämtlicher tarifgebundener Arbeitsverträge – die neuen Redakteure der Media 48 GmbH wurden nicht mehr nach Tarif bezahlt, weil der Verleger die Tarifgemeinschaft ebenfalls gekündigt hatte. Der in dieser Form einmalige Eklat rief ein nationales wie internationales Medienecho hervor und sorgte europaweit für Empörung. Mit zahlreichen Aktionen und Demonstrationen reagierten DJV und dju gemeinsam auf diese moderne Form des Manchesterkapitalismus.

Auch die Münsteraner wurden aktiv, zahlreiche Personen des öffentlichen Lebens protestierten schriftlich beim Verleger Lambert Lensing-Wolff, die Kirche gewährte den Redakteuren Asyl, um sich treffen und beraten zu können – und die Auflage sank im Steilflug. Innerhalb kürzester Zeit waren dramatische Einbrüche der Abonnentenzahlen zu verzeichnen. Statt eines Neuanfangs leitete Lensing-Wolff mit seiner Aktion den Untergang der Münsterschen Zeitung bis hin zum Verkauf 2014 an die örtliche Konkurrenz, Verlegerfamilie Hüffer, ein. Seitdem existiert die MZ lediglich als „Zombie-Zeitung“ – der Inhalt stammt von den Ruhrnachrichten (Mantel), der Rest wird allabendlich aus den Westfälischen Nachrichten kopiert. Mit dem Verkauf wurden nochmals 24 MZ-Redakteure auf die Straße gesetzt, neun davon übernahmen die Westfälischen Nachrichten. Schlechtes Beispiel macht Schule: Nach dem Eklat setzte vor allem auch im Ruhrgebiet ein großes Redaktionssterben ein, noch existierende Redaktionen wurden bis aufs Minimum ausgedünnt. (WLI)

Weitere Berichte: Münstersche Volkszeitung (facebook), DJV NRW, Kress

Zuletzt aktualisiert am 19. Januar 2017